Individualisiertes Lernen muss sich mit Sozialerziehung und sozialer Integration verbinden

Die veränderte Familiensituation, in der viele Kinder als Einzelkinder aufwachsen und keine hinreichende Gelegenheit mehr haben, soziale Erfahrungen mit Geschwistern oder Nachbarkindern zu machen, fordert von unseren Bildungseinrichtungen in höherem Maße als früher ein sozialerzieherisches Engagement.

 

Verhängnisvoll wäre es im Hinblick auf diese sozialintegrative und sozialerzieherische Zielsetzung von Kindergarten und Schule, wenn diese durch die Individualisierung im Rahmen der Freiarbeit beeinträchtigt würde. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Im Gegenteil wirkt sich konzentriertes Arbeiten des Kindes positiv auf die Gesamtpersönlichkeit des Kindes aus, auch auf deren emotionale und ethisch-soziale Dimension. "Das Ergebnis der Konzentration ist das Erwachen des sozialen Gefühls", formuliert Montessori einmal. Annahme des eigenen Ich, Identität, Erfahren der eigenen Individualität und daraus resultierendes Selbstwertgefühl stellen Grundvoraussetzungen auch für soziales Verhalten dar.

 

Die Begrenzung des Materials führt die Kinder zu Rücksichtnahme, Einfühlungsvermögen und Geduld. Die Altersmischung der Gruppen begünstigt die Entwicklung der Fähigkeit zur Rollendistanz und fördert allgemein die moralische Entwicklung. Es kommt zu einem natürlichen Helfersystem unter den Kindern. Wechselnde Sozialformen wie Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit ermöglichen das Einüben unterschiedlicher sozialer Beziehungen, erleichtert auch durch die Prinzipien der freien Bewegung und der offenen Türen. Die positive sozial-erzieherische und sozialintegrative Auswirkung der Freiarbeit ist durch Untersuchungen aus jüngster Zeit gut belegt. Man kann sagen, daß die Struktur der Freiarbeit erst die Voraussetzungen für eine intensive Kooperation zwischen den Kindern schafft.

 

Der Münchner Modellversuch von Prof. Dr. Theodor Hellbrügge zur Integration behinderter und nicht behinderter Kinder hat diese sozialintegrative Wirkung der Montessori-Pädagogik besonders deutlich gemacht. Hieran wird zugleich nachgewiesen, dass im Rahmen von Montessori-Freiarbeit eine weitere Problematik gelöst werden kann, die im Zusammenhang von gemeinsamer Unterrichtung von Kindern verschiedener Leistungsstärke oft diskutiert wird: die Befürchtung negativer Folgewirkung für die leistungsfähigeren Kinder. Man kann vielmehr darauf hinweisen, dass auch die Förderung Hochbegabter — ein heute wieder viel diskutiertes Problem — im Rahmen einer solchen flexiblen Unterichtsstruktur, wie sie die Montessori-Freiarbeit bietet, möglich erscheint.

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